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Klaus Geigle – Malerei

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Schlagwort-Archive: Harald Schmid Kunstzeitung

Klaus Geigle - Malerei

veröffentlicht am: 20.07.2020

 

Durchgelesen (oder wenigstens zum größten Teil):
Bücher der Reihe „Ratgeber Kunst“, Verlag Lindinger+Schmid

Für jeweils fünf Euro kann man die Bücher der Reihe Ratgeber Kunst direkt beim Verlag, der auch die bekannte kunstzeitung herausbringt, bestellen. Das habe ich der Neugierde halber mal gemacht und die Ausgaben „Hals- und Ohrabschneider, unterwegs im Kunstbetrieb“, „Traumkarriere Künstler“ sowie „Unternehmen Galerie“ nach Hause schicken lassen. (Superschnelle Lieferung, die Bücher waren am nächsten Tag im Briefkasten.) Leider enttäuschen alle drei Ausgaben. Es beginnt mit dem schrecklichen quadratischen Layout. In der Kunstbetriebsausgabe wird nicht viel erklärt und es werden auch wenige Vermutungen darüber angestellt, wie der Kunstbetrieb funktionieren könnte. Stattdessen werden dessen bekannteste Protagonisten mit Steckbriefen auf jeweils einer Seite vorgestellt. Karlheinz Schmid weiß zum Beispiel so spannende Sachen wie welcher Kurator mit welcher Künstlerin bei einem Abendessen im Sterne Restaurant die documenta Teilnahme verhandelt hat. Aber muss man das wissen? Nach einer Viertelstunde wieder zugeklappt das Buch und auf zum nächsten. Und, ich ahnte es schon, dem „Ratgeber Kunst – Traumkarriere Künstler“ liegt das gleiche Konzept zugrunde. Lauter bekannte Künstler, kurz auf einer Seite vorgestellt. Der Ratgeberanteil ist praktisch nicht vorhanden. Es ist allerdings beeindruckend, wie vernetzt Karlheinz Schmid ist. Manche Künstler kann Schmid allerdings anscheinend nicht leiden. Neo Rauch zum Beispiel ist ihm ein Dorn im Auge. Neo Rauch hat in der Tat einmal in einem Interview Konkrete Kunst mit Abstrakter Kunst vertauscht, ein unfassbarer Skandal. Da muss man einfach jahrelang drauf herumreiten. Ganz anders ist alles bei Martin Kippenberger. Es gibt kaum einen Artikel von Karlheinz Schmid in der kunstzeitung, Thema egal, in dem nicht Martin Kippenberger  erwähnt wird. Zugeklappt, beim Ateliernachbarn in den Briefkasten geworfen und auf geht´s zum dritten Buch der Reihe Ratgeber Kunst: „Unternehmen Galerie – Kunsthandel professionell“ Diese Ausgabe ist etwas interessanter, was in erster Linie an den Statements der Galeristen liegt. Die Werdegänge der Galeristen sind gut recherchiert und unterhaltsam geschrieben. Der Ratgeberanteil ist allerdings auch hier unwesentlich. Eine zweiseitige Checkliste kurz vor dem Impressum (Galeristen sollten gut vernetzt sein) kann das Ruder auch nicht mehr herumreißen. Aber ok, kann man eventuell nochmal reingucken. Die nächste Ausgabe der Reihe „Ratgeber Kunst“ nennt sich „Richtig Sammeln“. Auf der Vorderseite des Büchleins lächelt einem eine schicke Milliarden-Erbin, Anfang dreißig, entgegen. Mit diesem Budget wird es vermutlich unmöglich sein, „falsch zu sammeln“, denn notfalls kauft man den „richtigen“ Kram einfach nach, oder? Möglicherweise handelt es sich bei Titel und Gestaltung des Covers auch um Satire, aber meine Neugier hielt sich in Grenzen, sodass ich die Ausgabe erst gar nicht mit bestellt habe.

Fazit: Trotz des geringen Preises leider eine schlechte Investition, oder wie ein anderer enttäuschter Leser auf Amazon schrieb: „….ein einziges Namedropping von Künstlernamen und bekannten Sammlern, dass man das Gefühl bekommt, dem Autor sei es nur darum gegangen, zu zeigen, dass er auch dazu gehört. Nebst unscharfen Promifotos und unsäglichem Buchlayout hat es ganze zwei Seiten am Schluss, wo man mit einer Kunstkauf-Checkliste wenigstens etwas Sinnvolles erfährt. Der ganze Rest ist gefüllt mit Kunstweisheiten und Promiklatsch – auf dem Niveau für Bild-Leser“.

Bei der Gelegenheit kann man vielleicht auch noch ein paar Worte zu dem „informationsdienst kunst“ schreiben, den ebenfalls der Verlag lindinger+schmid herausbringt. Es handelt sich bei diesem Informationsdienst um einen vierzehntägig erscheinenden gedruckten Newsletter, den man per Post zugeschickt bekommt. Mit etwa 75 Euro für ein Vierteljahr ein nicht gerade günstiges Vergnügen. Ich habe mir mal die Mühe gemacht und in der Bibliothek der Akademie einen Jahrgang des Newsletters angeschaut. Es leuchtet ziemlich schnell ein, warum dieser „Insider-Service“ von vielen Leuten kritisiert wird. Ob die dort erwähnten Personen erfahren, was da im „Insider-Hintergrund“ über sie geschrieben wird? Wenn man es erfahren möchte, sollte man wohl selbst abonnieren?! Widersprüchlich auch die Rubrik „Tipps für Sammler“: Wird doch sonst immer wieder zu einem unbeeinflussten Kunstkauf ermuntert, werden hier Künstler vorgeschlagen, die man kaufen sollte, da man deren Namen „immer öfter in letzter Zeit hört“. Also kaufen, bevor man überhaupt eine einzige Arbeit des Künstlers gesehen hat. Namedropping also mal wieder, und zwar in Reinform.

 

Weitere Infos auf der Seite des Verlages lindiger+schmid

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Klaus Geigle - Malerei

Kunsturteil

„Kunsturteil“ heißt eine Ausgabe des kunstforums aus dem Jahr 2015, die ich mir in den letzten Tagen ausnahmsweise einmal fast ganz durchgelesen habe. In dem Magazin wird die Herausforderung beleuchtet, die es bedeutet, sich ein objektives Urteil über ein Kunstwerk oder eine Ausstellung zu bilden. Es wird nach „Kriterien“ gefragt und es werden auch eine ganze Menge von Kriterien genannt. Mir sind aber im Laufe der letzten Jahre noch einige andere Aspekte der Beurteilung von Kunst aufgefallen, die in dieser Ausgabe des kunstforums unerwähnt bleiben.

Zum Beispiel bei Kunstpreisen: Oft möchte der Ausschreiber doch eigentlich gerne mit einem bereits prominenten Gewinner glänzen, oder? Oder sollte der unbekanntere Künstler mit dem besseren Konzept gewinnen? Oft gewinnt der bekanntere Künstler mit dem eigentlich schlechter bewerteten Wettbewerbsbeitrag. Das Kunsturteil, die Urteilsbegründung wird im Nachgang entsprechend angepasst. Es hat schon „Förderpreisträger“ gegeben, die bereits erfolgreich bei der Documenta teilgenommen hatten, während gleichwertige, aber noch unbekannte Bewerber leer ausgingen!

Dann gibt es noch die kalkulierte Verfälschung des eigenen Kunsturteils. Hierzu ein weiteres Beispiel: Ein Künstler, der noch an der Kunstakademie studiert, stellt das erste Mal seine Gemälde in einer Galerie aus. Ein Journalist des lokalen Feuilletons betritt die Ausstellung und findet alles, ohne sich die Arbeiten überhaupt genauer anzusehen, furchtbar, bemängelt von der Bildidee, Farbgebung bis zur Komposition so ziemlich alles, was man an Malerei kritisieren kann. Der Künstler ist überrascht und konsterniert über diesen Rundumschlag. Einige Monate später ändert sich die Situation grundlegend, als der Student in eine andere Klasse an der Akademie wechselt. Er wechselt zu einem international besonders erfolgreichen Professor, mit dem der so kritische Journalist enge, auch private Bande pflegt. Bald folgt eine neue Einzelausstellung des Künstlers. Der Kritiker besucht wieder die Ausstellung und vollführt nun eine Wende um 180 Grad. Der vor kurzem noch niedergemachte Jungkünstler wird plötzlich hochgelobt! Seine „Machwerke“ sind, quasi über Nacht, zu Kunst geworden! Er wird auf einmal hofiert bis zur Homestory, die in der Zeitung gedruckt wird. Seine Malerei, stellt der überraschte Künstler amüsiert fest (natürlich hinter vorgehaltener Hand), ist die ganze Zeit die gleiche geblieben. Teilweise werden sogar noch die alten Arbeiten der ersten Ausstellung gezeigt.

Das Kunsturteil wird entsprechend mit beeindruckender Wortgewandtheit umgemodelt. Aus der vor kurzem noch langweiligen Komposition wird eine klare und reduzierte. Aus der flauen Farbgebung eine sensibel asketische. Aus dem bösen Abklatsch wird ein verdammt ironisches Zitat, eine unverschämt schlitzohrige Andeutung. Die vorher kritisierte dekorative Substanzlosigkeit der Bilder wird nun als „listiges Schonen des Betrachters vor den Ideen des Künstlers“ gefeiert. Das gesamte vorherige Kunsturteil wird auf den Kopf gestellt. Das einzig Wichtige scheint zu sein, beim nächsten Sektempfang des befreundeten Professors auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Von solchen eher unschönen „Kriterien“ der Urteilsfindung über Kunst steht wenig in der Ausgabe „Kunsturteil“ im kunstforum. Vermutlich machen alle Künstler mit diesen launischen Eigenarten des Kunsturteils Bekanntschaft. Manchmal profitiert man, manchmal hat man Pech.

Ich erinnere mich noch an eine Ausstellung 2008 in Düsseldorf,
als die Kritikerin Helga Meister zu diesem oben Bild meinte, „das hat doch Gerhard Richter schon besser gemacht“. Es war der mit Abstand beknackteste Kommentar zu einem Bild, das einhellig gelobt wurde, das die Vorderseite des Kataloges einer großen Gruppenausstellung zierte, und bestimmt schon etwa zehn Mal hätte verkauft werden können. Zwar hat Gerhard Richter schon so ziemlich alles gemalt, aber überfahrene Tiere auf Asphalt, die mit Fahrbahnmarkierungen korrespondieren? Ich glaube, der berühmte Maler hätte eine solche Idee umgehend als nicht langweilig genug verworfen.
Fast wollte ich schon zum Spaß fragen, wer denn überhaupt dieser Gerhard Richter sei.
Aber ein Glück habe ich das nicht getan, denn man weiß ja, solche Geschichten kommen immer besonders gut an: Abgemalt von Künstlerkatalog und dann empört geleugnet, den kopierten Maler überhaupt zu kennen! Was für ein Spaß! Carsten Reinhold Schütz schildert auf seinem blog „der Künstler als Kritiker“ die Kunstszene in Düsseldorf. Bei den Reaktionen, die der Artikel hervorruft bekommt man den Eindruck, dass rufmordartige Falschzitate, mutwillige Tatsachenverdrehungen und nicht nachvollziehbare „Kunsturteile“ im Kunstbetrieb an der Tagesordnung sind.

Apropos Ideen…
(Arnold Odermatt oben, Dirk Skreber unten)

Natürlich wird in der Ausgabe „Kunsturteil“ des kunstforums auch die Rolle des Kunstmarktes behandelt. Vor kurzem habe ich gehört, dass es neuerdings sogar eine App gibt, die den tagesaktuellen Wert eines Kunstwerkes (eines Künstlers) auf dem Smartphone anzeigt. Mit einer Grafik, wie man sie aus den Börsenberichten kennt, steigende und fallende Linien in einer Tabelle etc. Man sitzt also sonntagmorgens gemütlich am Frühstückstisch, schaut gelegentlich auf sein geliebtes Bild an der Wand, und dann poppt da auf dem smartphone diese Nachricht auf: „Verkaufen Sie jetzt! Ihr heißgeliebtes Bild in der Küche ist gerade dabei, sich in einen wertlosen ranzigen Schinken zu verwandeln!“ Das Telefon wird mit schweißnassen Fingern entriegelt, und tatsächlich, die Kurve ist im freien Fall! Wahrhaftig ein Alptraum für alle, die Kunst nur als Aktie verstehen und auf große Rendite hoffen. Die Kunst an der Wand ist die ganze Zeit die gleiche! Das Urteil über das Kunstwerk allerdings wird mit einer steigenden oder fallenden Kurve verknüpft.

In dem Zusammenhang ein weiterer Kunsturteilkiller: Too big to fail – der blanke Kapitalismus und der Herdentrieb.

Wenn erst einmal genug Sammler, Schreiber, Galeristen, Kuratoren, Eröffnungsredner und so weiter an einem Strang ziehen und einen Künstler unterstützen, ist ein kritisches Kunsturteil unerwünscht und wird schnell zu einem Bumerang für den Skeptischen. Besser einfach mitmachen. Kunsturteil hin oder her.

Fazit: Wer sich oft über seltsame Urteile im Kunstbetrieb ärgert, wird sicher auch oft recht haben. Aber man sollte sich gelegentlich auch fragen, ob man denn selbst so objektiv ist in der Urteilsfindung. Lässt man sich wirklich nicht bluffen von Marktwert, vertretender Galerie, Auktionsergebnissen und erhaltenen Kunstpreisen? Ist man bei befreundeten Künstlern gnädiger, weil man bei ihnen die Verbindung von Kunst und Leben besser kennt? Weil man im Laufe der Jahre ihre Kontinuität und Entwicklung beobachtet und zu schätzen gelernt hat? Und ist man umgekehrt bei Künstlern, die man aus welchen Gründen auch immer nicht leiden kann besonders kritisch, geradezu unfair kritisch? Ist garantiert kein Neid im Spiel, wenn man auf einer Kunstmesse (bei der man selbst nicht teilnimmt) alles Scheiße findet? Viele Filter können sich da zwischen Betrachter und Kunstobjekt schieben und die Frage ist wohl auch, was eigentlich bliebe wenn man es schaffen würde all diese Filter auszublenden….etwa einfach nur auf Leinwand geschmierte Farbe? (Was ja auch schön sein kann, aber „schön“ ist auch schon wieder ein Kriterium, und zwar ein besonders heikles, wie ich im kunstforum gelesen habe.)

 

 


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