veröffentlicht am: 21.04.2021
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Bücher von David Foster Wallace
Bestimmt über drei Monate habe ich mit dem Roman „Ein unendlicher Spaß“ von
David Foster Wallace (USA, 1962-2008) verbracht. 1200 klein geschriebene Seiten, allein die endlosen Fußnoten (nochmal drei Punkte kleiner) haben es auf noch einmal ca 280 Seiten gebracht.
Die entscheidende Phase bei einem längeren Roman kommt in den Tagen und Wochen, nachdem ich ihn durch habe. Was bleibt hängen? Bleibt überhaupt irgend ein Gefühl, erinnert man sich an den Text, als hätte man eine andere Realität kennengelernt?
Bei „Ein unendlicher Spaß“ bleibt etwas Seltsames übrig, so etwas wie eine gigantische Schwurbelwolke, die sich im Laufe der Tage immer mehr auflöst und nichts, aber auch gar nichts übrig lässt, außer dem Gefühl verbratener Zeit. Es ist sinnlos zu versuchen, den Inhalt zusammenzufassen, es gibt zu viele, teilweise sehr absurde Erzählstränge. Mehrmals war ich kurz davor, den Text, den manche Kritiker (zurecht?!) als unlesbar bezeichnet haben, in die Ecke zu schmeißen, aber immer wieder raffte ich mich auf, dann doch weiter zu machen. Das ist interessant, denn in dem Roman geht es auch immer wieder um einen verschollenen Film, der die fatale Eigenschaft hat, dass der Betrachter augenblicklich nichts anderes machen kann, als immer wieder den Film anzuschauen. Der Betrachter vergisst das Essen und Trinken, das Schlafen, und irgendwann stirbt er. Ganz so fesselnd war der Roman wahrlich nicht, aber unendlich war er irgendwie schon, und Spaß hat er gelegentlich auch gemacht, so dass ich auch nicht anders konnte als immer weiter zu lesen. Rollstuhl fahrende Terroristen versuchen den Film in ihren Besitz zu bekommen und wollen mit der Ausstrahlung die Bevölkerung der USA vernichten. Aber das ist nur ein Teil der Geschichte. Gesucht wird der Film unter anderem in einer Tennis-Akademie, denn der Gründer der Akademie war auch der Filmemacher, der den tödlichen Film gemacht hat. USW.
Foster Wallace war ein hervorragender Beobachter. Das kann man beim Lesen seines Erfahrungsberichtes über eine Kreuzfahrt feststellen. Er wurde von einem Kreuzfahrtunternehmen eingeladen zu einer Reise, und seine Aufgabe bestand darin, einfach aufzuschreiben, was so an Bord alles passierte. Foster Wallace seziert mit Genuss den sozialen Mikrokosmos auf dem Schiff. Er beschreibt so genau, dass man später das Gefühl hat, tatsächlich dabei gewesen zu sein, und vor allem beschreibt er so genau, dass für mich klar ist, das mich keine zehn Pferde jemals auf so ein Schiff bekommen werden. Vermutlich war der Text nicht ganz das, was das Unternehmen von Foster Wallace erwartete.
Wie bin ich überhaupt auf David Foster Wallace gekommen? Da gibt es für mich als derzeitigen Tennisplatzmaler einen guten Grund: Der Autor war ein hervorragender Tennisspieler, der eine Zeit lang kurz vor einer Karriere als Tennisprofi stand. Seine Beschreibung eines Besuches der US Open ist so unglaublich gut gemacht wie die Reisebeschreibung der Kreuzfahrt. Seine Hommage an Roger Federer (the GOAT) kann nur einer schreiben, der selbst exzellent Tennis spielt.
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